Interaktives 3D-Modell einer Höhle in einem weltberühmten Gletscher erstellen

Fallstudie

Autoren: Tommaso Santagata, Farouk Kadded

Der Perito-Moreno-Gletscher in Argentinien ist eine der größten Naturattraktionen der Welt. Seine Oberfläche wird seit dem 19. Jahrhundert von Entdeckern und Geologen untersucht, aber die Hohlräume im Gletscher sind zu gefährlich, um sie zu Fuß zu erkunden. Im Jahr 2017 untersuchte ein von den Vereinen La Venta Esplorazioni Geografiche (Italien) und Spélé’Ice (Frankreich) organisiertes Forschungsprojekt den Eingang zu einer Höhle am Rand des Gletschers mit terrestrischem Laserscanning (TLS) und Drohnen. Eines der Ziele des Projekts war die Erfassung von Daten, mit denen untersucht werden kann, wie schnell das Gletschereis schmilzt. Aus den gesammelten dreidimensionalen Scandaten wurde dann eine interaktive 3D-Karte erstellt, die das Team öffentlich zugänglich gemacht hat.


Näher an den Perito-Moreno-Gletscher mit 3D-Kartierung



Der Perito-Moreno-Gletscher liegt im Nationalpark Los Glaciares im südlichen patagonischen Eisfeld, der größten Eismasse der gemäßigten Klimazone in der südlichen Hemisphäre. Er hat eine Fläche von mehr als 250 km² und erstreckt sich über 30 km vom Lago Argentino im Osten bis zur Grenze zu Chile im Westen. Sein relativ stabiler Zustand hat ihn zu einer der bekanntesten Touristenattraktionen Argentiniens gemacht. So zieht er jedes Jahr fast hunderttausend Besucher an.

Über die Höhlen des Gletschers ist jedoch wenig bekannt. Denn sie sind zu gefährlich sind, um sie zu erkunden, es fallen ständig große Eisbrocken von den Höhlendecken. Im Rahmen des MaGPat-Projekts (Mikroorganismen und Gletscher in Patagonien) organisierten La Venta Esplorazioni Geografiche und das französische Spélé’Ice 2017 eine der ersten Höhlenuntersuchungen des Gebiets. Das Hauptziel der Forscher war es, die auf dem Gletscher lebenden Mikroorganismen zu untersuchen und so viel wie möglich von der Höhle zu kartieren. Die einzige Höhle, die untersucht werden konnte, war eine interessante Kontakthöhle, die von einem Bach gegraben wurde, der den Gletscher direkt speist. Eine Laserscanning-Lösung von Leica Geosystems wurde verwendet, um eine 3D-Karte der ersten paar Dutzend Meter innerhalb der Höhle und des Höhleneingangs zu erstellen.


Details aus der Entfernung mit der Leica ScanStation P40



Die 3D-Laserscanning-Technik hat bei geographischen Vermessungen einen großen Fortschritt bedeutet, erklärt Tommaso Santagata von La Venta: „Diese Techniken werden zunehmend bei geologischen Studien eingesetzt, beispielsweise in Höhlen oder zur Berechnung von Eisoberflächen und Veränderungen des Eisvolumens. 3D-Laserscanning-Technologien können innerhalb von Minuten Millionen von Punkten, die durch 3D-Koordinaten dargestellt werden, mit sehr hoher räumlicher Dichte auf komplexen, facettenreichen Oberflächen erfassen. Die dichten Punktwolken enthalten eine riesige Datenmenge, die zur Darstellung und Analyse genutzt werden kann.“

In der Perito Moreno-Studie verwendete das Team eine Leica ScanStation P40, die hochwertige 3D-Daten und High-Dynamic Range (HDR)-Bildgebung über eine große Entfernung von 270 Metern aufnehmen kann. Der 3D-Laserscanner in Vermessungsqualität wurde in sicherer Entfernung positioniert, um Daten über die Oberfläche des Gletschers und den Höhleneingang zu erfassen. Gesteuert wurde er mit einem Leica CS35 Tablet, mit dem das Team auch noch im Feld die teilweise verarbeiteten Daten kontrollierte. Auf diese Weise konnten sie sicherstellen, dass die Untersuchung wie geplant voranschreitet und eventuelle Änderungen vornehmen. Eine in den Scanner integrierte Spezialkamera wurde verwendet, um farbige Punktwolken zu erzeugen und 360°-Panoramabilder aufzunehmen.

Santagata erklärt den Prozess: „Es wurden ungefähr acht Laserscans durchgeführt, um die erforderlichen Daten zu erfassen. Diese Arbeiten dauerten etwa zwei Stunden und wurden am späten Nachmittag durchgeführt, wenn das Gebiet nicht im direkten Sonnenlicht liegt. Laserscans wurden mit Auflösungen von 6 mm und 3 mm erstellt (die den Abstand jedes einzelnen Punktes in 10 m Entfernung vom Laserscanner darstellen) und die Aufnahme von Fotos mit der internen Kamera des Instruments.“ Darüber hinaus wurden mit Drohnen Photogrammetrie-Flüge durchgeführt, bei denen die Drohnen in 30 bis 70 m Höhe flogen.

Die Leica GS16 - eine selbstlernende GNSS-Smart-Antenne - wurde verwendet, um Messungen sowohl für Bodenkontrollpunkte für die photogrammetrische Vermessung als auch zur Messung von Geschwindigkeits- und Höhenänderungen entlang eines Nord-Süd-Streifens des Gletschers zu erfassen. Außerdem wurde sie mit dem Tablet CS35 verbunden, um die Daten direkt im Feld verarbeiten zu können.


Visualisierung der 3D-Daten mit Leica Cyclone



Das Vermessungsteam verwendete die 3D-Punktwolken-Verarbeitungssoftware Leica Cyclone, um die Punktwolken auszurichten und ein 3D-Modell zu erstellen. Dieses Modell wurde dann mit Leica Cyclone 3DR weiterverarbeitet, um die Projektergebnisse zu erstellen. Cyclone 3DR verarbeitet die meisten branchenüblichen Formate, so dass das Team die Laserscanning-Daten mit den von der Drohne aufgenommenen Bildern zusammenführen konnte, um das benötigte Modell zu erstellen. Um die 3D-Daten an Kollegen außerhalb des Teams weiterzugeben, verwendete Santagata den kostenlosen JetStream Viewer von Leica Geosystems, mit dem jeder – auch ohne Erfahrung mit 3D-Modellierung – Punktwolken problemlos anzeigen und bearbeiten kann.


Austausch von Informationen mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft und darüber hinaus

Santagata erklärt, dass die detaillierten 3D-Modelle des Gletschers den Forschern eine genaue Aufzeichnung liefern, um Veränderungen im Eis zu messen: „Die Möglichkeit, solche Technologien im richtigen Moment und am richtigen Ort zu haben, ermöglichte es uns, sie zu nutzen, um Daten zu erhalten, die in Zukunft verwendet werden können, um die Entwicklung dieses Teils des Gletschers zu verfolgen.“

Im Anschluss an die Studie wurden 360°-Fotos der 3D-Modelle und ein interaktives 3D-Modell erstellt, um die Ergebnisse allen Interessierten zu zeigen. Auf dem International Speleological Meeting in Italien im Jahr 2019 konnte man es mit einer Virtual-Reality-Brille erleben und jetzt ist es auch online zugänglich.

Erkunden Sie das 3D-Modell einer Kontakthöhle im Perito-Moreno-Gletscher.
Sehen Sie sich einige der Highlights der Gletscherexpedition.

Am Projekt beteiligte Organisationen: Nationalpark Los Glaciares, La Venta, Spélé’Ice, Universität Mailand-Bicocca, Naturhistorisches Museum von Paris, Universität Paris Diderot, Universität Florenz, Universität Bologna und Vigea – Virtual Geographic Agency.

Laserscanning und GNSS-Vermessungen wurden in Zusammenarbeit mit Farouk Kadded von Leica Geosystems Frankreich und Mitglied des Vereins Spélé’Ice durchgeführt.

Mehr Informationen zum Laserscanning

Bitte kontaktieren Sie uns, wenn Sie weitere Informationen über unser Laserscanning-Portfolio erhalten möchten.
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With the introduction of laser scanning, measuring and documenting is simplified and improved across all industries.
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