Vermessung aus der Luft: Von der Theorie zur Praxis

Vermessung aus der Luft: Von der Theorie zur Praxis
Autor: Penny Boviatsou

Im Jahr 2005 begannen der hydrografische und ozeanografische Dienst der französischen Marine (Service Hydrographique et Océanographique de la Marine – SHOM) und das französische nationale Institut für Geografie (Institut Géographique National – IGN) im Rahmen des landesweiten Projekts Litto3D® mit der Durchführung einer Reihe von Küstenmessungen in Frankreich und einigen seiner Überseegebiete.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Küstenregionen mangelhaft dokumentiert. Deshalb wurde auf der Grundlage von aus der Luft erfassten bathymetrischen LiDAR-Daten ein kontinuierlicher Höhendatensatz der Küstengebiete erstellt. Ziel dieses Projekts war es, anhand der gesammelten Daten bessere Risikomanagement- und Präventionspläne für Naturkatstrophen wie Überschwemmungen, Erdrutsche und Erdbeben auszuarbeiten, und Strategien zur Wirtschaftsentwicklung, Umweltschutzmaßnahmen sowie wissenschaftliche Forschungstätigkeiten zu unterstützen, für die zuverlässige Informationen über die küstennahe Topografie und Bathymetrie unerlässlich sind.

Von 2007 bis 2015 erwarb der SHOM durch die Zusammenarbeit mit den Vermessungsunternehmen, die mit der Datenerfassung beauftragt wurden, wertvolle Kompetenzen in der LiDAR-Bathymetrie aus der Luft. Im Februar 2016 fasste das französische Umweltministerium den offiziellen Beschluss zur Fertigstellung des maritimen Teils des Litto3D®- Programms. Bis zur Hälfte der Kosten regionaler bathymetrischer LiDAR-Vermessungen aus der Luft wird dadurch direkt gefördert.

Dieser Beschluss eröffnete dem hydrografischen Dienst eine neue Perspektive: Anstelle der Vergabe von Aufträgen an Vermessungsdienstleister hatte der SHOM durch diese Förderungszusage plötzlich die Möglichkeit, eigene Vermessungskapazitäten aufzubauen. So wurde ein Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für einen Full-Service-Vertrag mit dreijähriger Laufzeit gestartet. Der ausgewählte Anbieter sollte nicht nur das bathymetrische LiDAR-System, sondern auch ein Flugzeug samt Piloten bereitstellen, die Bediener schulen, Wartungs- und Kalibrierungstätigkeiten durchführen und administrative Unterstützungsleistungen (Fluggenehmigungen, Versicherungen usw.) erbringen.


PLANUNG DES KARTIERUNGSVORHABENS

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Leica Geosystems und CAE Aviation erhielten bei der öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag für diesen Auftrag. Gemeinsam wurden umfangreiche theoretische und praktische Schulungen für das SHOM-Team zur Bedienung des LiDAR-Systems und Anwendung der zugehörigen Software durchgeführt.

Bei der ersten in der Normandie und Nordfrankreich durchgeführten Mission wurde das Leica HawkEye III eingesetzt, ein bathymetrisches und topografisches Multisensor-LiDAR-System zur Vermessung tiefer Gewässer aus der Luft, das an einer Cessna Grand Caravan angebracht wurde.

In Cherbourg wurden mit dem HawkEye III unter für die Vermessung günstigen Bedingungen – relativ windstill, kaum Wellengang und nebelfrei – volle Wellenform-Daten erfasst. Die Leica MissionPro-Software mit virtueller 3D-Globusansicht diente zur Vorbereitung und Flugplanung, während das Leica FlightPro-Flugmanagement- und Sensorsteuerungssystem die Datenerfassung unterstützte.

Die Ergebnisse dieses ersten topo-bathymetrischen Vermessungsflugs übertrafen alle Erwartungen des SHOM. Die von morpho-sedimentären Zellen gesammelten Daten waren beeindruckend.

„Die LiDAR-Technologie von Leica Geosystems hat perfekt funktioniert. Schon unser erster Versuch war ein voller Erfolg!”, so Yves Pastol, der Verantwortliche des SHOM für LiDAR-Bathymetrie aus der Luft. „Es half sehr, dass uns in den ersten Wochen ein Messtechniker von Leica Geosystems durchgehend mit Rat und Tat zur Seite stand. So konnte unser Team gleichzeitig messen und lernen.“


DIE HERAUSFORDERUNG

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Angesichts des guten Gefühls, das sich bei der ersten Messung in der Normandie und Nordfrankreich eingestellt hatte, wagte sich der SHOM an ein ambitioniertes Vorhaben: die Vermessung der gesamten Küstenlinie des Ärmelkanals von Baie du Mont-Saint-Michel bis an die belgische Grenze. Diese zweite topo-bathymetrische Vermessung ermöglicht dem SHOM die Erstellung eines kompletten geografischen Datensatzes bis Mitte 2018. Es wird von einer Abdeckung mit Tiefenlinien fünf Meter unter dem Meeresspiegel bis zu Höhen von 400 Metern im Landesinneren ausgegangen.

Dieses zweite Vermessungsprojekt ist eine echte Herausforderung, da Mont-Saint-Michel für den höchsten Tidenhub Europas bekannt ist. Bei der Wahl eines klugen Zeitplans, um Flüge möglichst bei Ebbe durchzuführen, kann sich das Team den niedrigen Wasserstand zunutze machen. Raues Wetter und die trüben Küstengewässer des Ärmelkanals können die Ursache für Schwierigkeiten sein. Erneut wird das HawkEye III System eingesetzt, um hochaufgelöste, präzise topografische sowie bathymetrische Daten von tiefen und seichten Gewässern zu erfassen. Bei dieser Art von Vermessung ist es wichtig, einen sanften Übergang zwischen topografischen und bathymetrischen Daten zu erreichen.

„Mit seinen unterschiedlichen Sensoren erzielt das HawkEye III einen nahtlosen Übergang zwischen Wasser und Land“, lobt Pastol. „Diese Technologie gewährleistet, dass das digitale Geländemodell (DGM), das für unser am Ende gewünschtes Datenprodukt entscheidend ist, keine Lücken aufweist.“

Softwareseitig stellt Leica Geosystems das Leica LiDAR Survey Studio (Leica LSS) bereit, um Wellenform- und Positionsdaten vorzubearbeiten und klassifizierte Punktwolken zu erstellen. Das SHOM-Team ist in der Lage, die topografischen sowie die bathymetrischen LiDAR-Daten aus tiefen und seichten Gewässern gleichzeitig zu prüfen und zusätzlich die an derselben Stelle wie die Punktwolken erfassten Bilder anzuzeigen.

„Der neue Prozess ist viel kosteneffizienter. Nicht nur, dass topografische Messungen früher vom Schiff und bathymetrische Messungen getrennt davon vom Flugzeug aus durchgeführt wurden, die Daten mussten anschließend auch noch mühsam zusammengeführt werden. Mit der Technologie von Leica Geosystems gehört dieser Aufwand der Vergangenheit an“, freut sich Pastol.


EINE INNOVATIVE LÖSUNG

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Die LiDAR-Technologie wird häufig zur Überwachung verschiedener Naturgefahren eingesetzt. Aufgrund der hohen Genauigkeit der erfassten Daten findet sie außerdem – einschließlich digitaler Geländemodelle und bathymetrischer Karten – Anwendung in der Ozeanografie. „Aufgabe des SHOM ist die Durchführung von Messungen in schwierigen Gebieten. Durch unsere Partnerschaft mit Leica Geosystems können wir sicher sein, dass alle anderen Aspekte, wie Installation und Kalibrierung des Systems, Instandhaltung und Flugzeugwartung und viele weitere Tätigkeiten, in den besten Händen sind“, so Yves-Marie Tanguy, der beim SHOM für das Litto3D®-Projekt verantwortlich ist. „Die Anforderungen des SHOM sind zahlreich und komplex, doch Leica Geosystems hat bis heute jede Herausforderung gemeistert.“

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