Dokumentation mediterraner Historie in 3D

Fallstudie

Autorin: Renata Barradas Gutiérrez

Archäologen vermessen unser kostbares Kulturerbe, um es besser verstehen zu lernen und zu schützen. Georäumliche Technologien und Messsysteme haben unsere Möglichkeiten zur nachhaltigen und exakten Dokumentation, Analyse und Bereitstellung von Informationen wesentlich verbessert.

Um sich ein besseres Bild vom antiken Mittelmeerraum zu machen, sind Forscher den Geheimnissen der Inselstadt Mozia sowohl mit traditionellen archäologischen Hilfsmitteln als auch mit georäumlichen Technologien auf den Grund gegangen.

Das Projekt „Archaeological Expedition to Motya“ (Dept. IISO) und das Institut für Geodäsie und Geomatik (DICEA) der Sapienza-Universität Rom, unterstützt von Leica Geosystems, haben sich zusammengetan, um ein 3D-Modell der Mittelmeerinsel anzulegen, auf der sich Mozia befindet, und so ihr historisches Kulturerbe für zukünftige Generationen zu bewahren.

Dieses interdisziplinäre Labor sorgt durch den Einsatz einer Mischung aus nicht-invasiven Technologien für Innovationen in der Archäologie. So werden zur Erfassung der räumlichen Daten Mozias GNSS, Fotogrammetrie, Laserscanning und orthorektifizierte Luftbilder genutzt.


Vor den Griechen



Der italienische Begriff für Mittelmeer, „Mare Mediterraneo“, setzt sich zusammen aus „medius“ (Mitte) und „terra“ (Land), bedeutet im ursprünglichen Sinne des Wortes also „Meer in der Mitte der Erde“. An der Grenze zwischen Ost und West gelegen, wahrt die nur 850 Meter lange Mittelmeerinsel San Pantaleo, auf der Mozia liegt, so manches antike Geheimnis der Region. Die kleine Insel vor Sizilien ist daher ein strategisch günstiger Ort für das Studium der Geschichte, des kulturellen Austauschs und des Handels an dieser Engstelle des Mittelmeers.

Vor mehr als 3.000 Jahren reisten die Phönizier im Mittelmeer gegen Westen, erreichten Sizilien und siedelten sich in Mozia an. Die neuesten archäologischen Untersuchungen der Sapienza-Universität haben gezeigt, dass der älteste phönizische Ankerplatz Mozias auf das 8. Jahrhundert vor Christus zurückgeht. Die Phönizier lebten ursprünglich verstreut auf ganz Sizilien und zogen sich nach Mozia zurück, als sich die Griechen auszubreiten begannen.

Unter der Leitung von Prof. Lorenzo Nigro studieren Experten der Sapienza-Universität in Zusammenarbeit mit den Behörden von Trapani und unterstützt von der Fondazione Giuseppe Whitaker aus Palermo diese einmalige archäologische Stätte seit Jahren, um Aufschluss über die Menschen, Kulturen und Zivilisationen zu erlangen, die auf der Insel aufeinandertrafen. Basierend auf den Ruinen und Überresten werden Karten und 3D-Modelle der sichtbaren und unsichtbaren Realität erstellt, damit sich das Team ein besseres Bild von der Vergangenheit dieser Region machen und sein Wissen mit der Öffentlichkeit teilen kann.


Kombination von Technologien zur Dokumentation von Kulturdenkmälern



Im Rahmen des Motya 3D Model Pilot Projects wurden 3D-Modelle der archäologischen Fundstücke und Ausgrabungsstätten zur Unterstützung der archäologischen Forschung im Feld und am Schreibtisch generiert. Ziel des Vermessungsvorhabens war die erstmalige Erstellung eines vollständigen 3D-Modells der gesamten Insel sowie von sechs wichtigen Ausgrabungsstätten.

Die meisten Vermessungsprojekte finden unter Zeitdruck statt. Die Archäologie bildet hier keine Ausnahme. Zur Erzeugung genauer 3D-Modelle und schnellstmöglichen Erfassung der Vermessungsdaten, um weder die Ausgrabungsarbeiten noch die touristische Nutzung zu stören, stießen Prof. Mattia Crespi und Dr. Roberta Ravanelli vom Institut für Geodäsie und Geomatik der Sapienza-Universität Rom zum Team. Für die Datenerfassung nutzte das Team GIS- und UAV-Systeme sowie GIS-Anwendungssoftware von Leica Geosystems und den Satellitenpositionierungsdienst HxGN SmartNet.

Bei der Datenerfassung im Feld wurden wir von einem Leica Geosystems-Team unterstützt, dessen Produkte und Know-how uns sehr geholfen haben! Die im Feld gesammelten Daten haben uns die Erstellung hochwertiger 3D-Modelle der sechs archäologischen Stätten einschließlich einiger Details sowie der gesamten Insel mit Genauigkeiten von einigen Millimetern bis zu wenigen Zentimetern erlaubt“, erklärt Crespi. 

Das 3D-Modell der Insel wurde anhand von Bildern und GPS-Koordinaten rekonstruiert. Die über das HxGN Content Program zugänglichen Luftbilder wurden als Basiskarte für die GNSS-Messungen verwendet. Der GIS-Datenkollektor Leica Zeno 20 diente in Verbindung mit der SmartAntenne Leica Zeno GG04 plus zur Erfassung der Positionen von Passpunkten. Anhand der Koordinaten der Passpunkte konnte das Team im Feld mithilfe der Datenerfassungssoftware Leica Zeno Mobile weitere Informationen wie Bilder, Notizen und Punktnummernspeichern. Die gemessenen Passpunkte wurden anschließend zur fotogrammetrischen Auswertung der mit den UAV erfassten Bilder als ASCII-Dateien exportiert.

Trotz starkem Wind gelangen mit den beiden UAV perfekte Aufnahmen der zur fotogrammetrischen Auswertung benötigten Bilder. Besonderes Augenmerk wurde auf die sechs bedeutenden archäologischen Stätten und die Küstenlinie gelegt, die zur Berechnung der Pegelstände benötigt wurde. Am Ende lieferte HxGN SmartNet die benötigten RTK-Korrekturen.

Alle räumlichen Rohdaten, einschließlich der am Boden und von den UAV aufgenommenen Digitalbilder, der GNSS- und der Vermessungsdaten, wurden mit der Agisoft-Software gesammelt und ausgewertet, um ein 3D-Modell der gesamten mythischen Insel und jeder einzelnen Ausgrabungsstätte samt ihren interessanten archäologischen Funden zu erstellen.

Last but not least wird es das 3D-Modell der kompletten Insel Experten des Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia, Rom, auch erstmals erlauben, die Auswirkungen des Anstiegs des Meeresspiegels auf die archäologischen Stätten detailliert zu untersuchen.


Archäologie trifft auf Geomatik



Die Sammlung, Analyse und Interpretation georeferenzierter Daten erfordert die Kompetenz unterschiedlicher Fachleute und Disziplinen. Referenzierte Datenbanken, Karten und 3D-Modelle sind wichtige Hilfsmittel für alle in diesem Bereich tätigen Wissenschaftler. Kulturerbestätten lassen sich mit einer Vielzahl von Technologien untersuchen und dokumentieren: 

  • Mobile Kartierung 
  • Lösungen zur Erfassung und Verwaltung von 
  • Infrastruktur
  • 3D-Laserscanning 
  • Photogrammetrie 
  • Fernerkundung 
  • Luftbildsensoren und UAV 
  • GNSS 
  • Systeme zur Leitungsortung 
  • Messsoftware 
  • Cloudbasierte dynamische Karten 

Die aktuellen methodischen und technologischen Lösungen der Geomatik kommen den neuen Bedürfnisse und Anforderung der Archäologie entgegen. Daraus entstand eine bemerkenswert spannende Interaktion zwischen zwei Disziplinen, die noch im vergangenen Jahrzehnt kaum etwas gemeinsam zu haben schienen“, zieht Nigro eine erfreuliche Bilanz der Zusammenarbeit.

 

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